Donnerstag, 18. Juni 2009

Werbung oder keine Werbung? Das ist hier die Frage...

Seit einiger Zeit prangt an meinem Briefkasten ein "Stopp! Keine Werbung"-Aufkleber. Vereinzelt verirrt sich zwar manchmal ein Flyer von einem Pizza-Schuppen oder einiger freiberuflicher Kistenschlepper im Briefkasten, aber im Großen und Ganzen erzielt der Aufkleber die gewünschte Wirkung.
Ein Klientel, das diesen Aufkleber jedoch geflissentlich ignoriert, sind die politischen Parteien. Zur Europawahl und den gleichzeitig durchgeführten Kommunalwahlen hatte ich jede Menge Wahlwerbung im Briefkasten. Und kaum denkt man, damit sei jetzt erstmal Schluss, finden sich schon wieder einige Pamphlete dort - der bevorstehenden Stichwahl zum Ortsvorsteher sei Dank.
Dabei scheint die Sache klar zu sein. Das Bundesverfassungsgericht urteilte 1988 (BGH vom 20.12.1988, Aktenzeichen VI ZR 182/88), dass solche Aufkleber beachtet werden müssen.
Auch ein Rundbrief der GRIBS (Grüne und Alternative in den Räten Bayerns) befasst sich mit dem Thema und kommt zu folgendem Ergebnis:

Wahlwerbung
"Bitte keine Werbung einwerfen !"
Werden solche oder ähnliche Aufkleber auf Briefkästen ignoriert, kann dies Unterlassungsbegehren mit z.T. nicht unerheblichen Rechtsanwaltsgebühren für die betreffenden Untergliederungen mit sich bringen.
Wenn sich auf einem Briefkasten ein werbeabwehrender Aufkleber befindet, muss dies auch bei der Verteilung von Wahlkampfzeitungen oder sonstiger Parteiwerbung respektiert werden. Trotz der besonderen rechtlichen Stellung von Parteien ist Wahlwerbung nach aktueller Rechtsprechung grundsätzlich wie gewöhnliche Werbung zu behandeln. „Dem Recht der Parteien, ihrer politischen Tätigkeit ungehindert nachgehen zu können, entspricht keine Pflicht der Bürgers, sich von den Parteien informieren lassen zu müssen.“ (NJW 2002, Heft 5, S. 380) Die Übersendung von Werbematerial trotz eines erklärten entgegenstehenden Willens stellt eine Besitz- bzw. Eigentumsstörung und darüber hinaus eine Störung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.
Wenn werbungsabwehrende Aufkleber missachtet werden, hat der oder die Betroffene zivilrechtliche Abwehr- und Unterlassungsansprüche. Dies kann im Einzelfall nicht unerhebliche Rechtsanwaltsgebühren für den Störer - also die Parteigliederung - zur Folge haben.

Für die hobbymäßigen Stressmacher und Beschwerdebriefschreiber unter euch also ein gefundenes Fressen.

PS: Generell finde ich es nicht schlecht, dass die Bürger über die politischen Programme der Parteien informiert werden, aber auch Parteien stehen eben nicht über dem Gesetz. Und zumindest die Informationen zur bevorstehenden Stichwahl waren bei mir überflüssig - ich hatte meine Stimme bereits am Tag zuvor per Briefwahl abgegeben.

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